haben, wenn wir diese überflügeln in der Tat, wie wir esschon getan im Gedanken, wenn wir uns bis zu den letzten Folgerungendesselben emporschwingen, wenn wir die Dienstbarkeit bis in ihremletzten Schlupfwinkel, dem Himmel, zerstören, wenn wir den Gott, derauf Erden im Menschen wohnt, aus seiner Erniedrigung retten, wenn wirdie Erlöser Gottes werden, wenn wir das arme, glückenterbte Volk undden verhöhnten Genius und die geschändete Schönheit wieder in ihreWürde einsetzen, wie unsere großen Meister gesagt und gesungen und wiewir es wollen, wir, die Jünger - ja, nicht bloß Elsaß und Lothringen,sondern ganz Frankreich wird uns alsdann zufallen, ganz Europa, dieganze Welt - die ganze Welt wird deutsch werden! Von dieser Sendungund Universalherrschaft Deutschlands träume ich oft, wenn ich unterEichen wandle. Das ist _mein_ Patriotismus.Ich werde in einem nächsten Buche auf dieses Thema zurückkommen, mitletzter Entschlossenheit, mit strenger Rücksichtslosigkeit, jedenfallsmit Loyalität. Den entschiedensten Widerspruch werde ich zu achtenwissen, wenn er aus einer Überzeugung hervorgeht. Selbst der rohestenFeindseligkeit will ich alsdann geduldig verzeihen; ich will sogar derDummheit Rede stehen, wenn sie nur ehrlich gemeint ist. Meine ganzeschweigende Verachtung widme ich hingegen dem gesinnungslosen Wichte,der aus leidiger Scheelsucht oder unsauberer Privatgiftigkeit meinenguten Leumund in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen sucht unddabei die Maske des Patriotismus, wo nicht gar die der Religion undder Moral, benutzt. Der anarchische Zustand der deutschen politischenund literarischen Zeitungsblätterwelt ward in solcher Beziehungzuweilen mit einem Talente ausgebeutet, das ich schier bewundernmußte. Wahrhaftig, Schufterle ist nicht tot, er lebt noch immer undsteht seit Jahren an der Spitze einer wohlorganisierten Bande vonliterarischen Strauchdieben, die in den böhmischen Wäldern unsererTagespresse ihr Wesen treiben, hinter jedem Busch, hinter jedem Blatt,versteckt liegen und dem leisesten Pfiff ihres würdigen Hauptmannsgehorchen.Noch ein Wort. Das »Wintermärchen« bildet den Schluß der »NeuenGedichte«, die in diesem Augenblick bei Hoffmann und Campe erscheinen.Um den Einzeldruck veranstalten zu können, mußte mein Verleger dasGedicht den überwachenden Behörden zu besonderer Sorgfalt überliefern,und neue Varianten und Ausmerzungen sind das Ergebnis dieser höherenKritik.Hamburg, den 17. September 1844 Heinrich Heine